DJ Sensay agiert im Namen der Freshness: Der Leipziger DJ und Audio-Engineer zeichnet sich verantwortlich für einige der aktuell innovativsten Remixe. Mit seiner wöchentlichen Radio-Show iSwagga leistet er jeden Montag Abend seinen Dienst an der Massive. Dazu mischt er Dubs und Tracks für viele Acts und ist dadurch auch auf einer übergeordneten Ebene für den Sound in den Dancehalls verantwortlich. Die ganze Story in seinen Worten hier bei jugglerz.de im Interview.
Yo Sensay, erstmal Big Up für die gute Arbeit, die Du als Engineer bei dem Miwata Mixtape geleistet hast und natürlich für alle anderen Sachen, die Du für uns Jugglerz gemacht hast auch. Viele Kennen Dich bereits von Deinen Remixen, andere feiern Deine Mixtapes oder hören Deine Radio-Show Iswagga. Kannst Du für die, die Dich noch nicht kennen, kurz auf das alles eingehen was Du machst oder bisher gemacht hast?
Mit Reggae-Dancehall Musik beschäftige ich mich seit ungefähr zehn Jahren. Zunächst „nur“ als Fan und Musikliebhaber und seit fünf Jahren lege ich aktiv als DJ auf. Ich glaube, dass der Schritt DJ zu werden, zunächst unbewusst gefördert hat, dass ich mich ebenfalls für’s Engineering interessiere. Ich habe dann relativ schnell angefangen meine Sets durch selbstproduzierte Remixes zu bereichern. Für Dubplates hatte ich ehrlich gesagt nie Kohle und habe dann durch die Remixes versucht, mir einen Namen aufzubauen. Damals hatte ich keine Ahnung was ich mit ’nem EQ oder ’nem Kompressor mache und habe einfach nach gut Dünken an den Reglern gedreht, bis ich der Meinung war, dass es nun NICE klingt. Mir hat aber das essentielle Hintergrundwissen gefehlt und das war dann letztendlich auch der Schritt, der mich dazu bewegt hat Engineer zu werden. Ich bin dann für das Audio Engineering Studium nach Leipzig gezogen und habe hier relativ schnell Gringo, Smo und den Direx kennengelernt.
Irgendwie hat es sich dann so ergeben, dass ich hier und da Dubs für Trettmann gemischt habe und auch „Hitzefrei“. Smo hat damals die ganzen Trettmann Songs gemischt, aber als „Hitzefrei“ ‚rauskommen sollte, steckte er gerade Hals über Kopf in seiner Bachelorarbeit und da hat Ronny mich gefragt, ob ich das nicht machen könnte. Das war dann quasi mein Einstieg. Während meiner Studienzeit haben Gringo und ich dann die Zeitgeist Blingerz Tapes veröffentlicht. Das war ziemlich cool, da ich jeden Tag von der Uni mit neuem Input nach Hause kam und es dann direkt bei den Tapes/Dubs etc anwenden konnte. So hat das Eine zum Anderen geführt und es hat sich ‚rumgesprochen, dass ich n ganz guter Engineer bin. Seitdem kümmere ich mich um viele Dubboxes von vielen Sounds aus ganz Deutschland und in letzter Zeit auch vermehrt um offizielle Produktionen wie z. B. dem Miwata Mixtape, Marvins neuer Single „Magie“, „Kurz vor Nacksch“ von Trettmann oder ganz aktuell dem offiziellen „Gal Professional Remix“ von King Jabbi. Als nächstes stehen Mischungen für Flixx´n´Hooch an und eurem neuen Riddim (BADDDDDDDDDDDDD).
Wenn ich ehrlich bin, war es nie mein Ziel Freelancer zu werden, aber ich bin letztendlich sehr froh, dass es sich so ergeben hat.
Gehen wir zuerst mal auf Deine Mixtapes ein. Sie zeichnen sich durch eine sehr kreative Art zu mixen aus, was ja eher Dein Part bei Zeitgeist Blingerz war. Wie gehst Du bei so einem Mixtape vor und wie zeitaufwändig ist es in etwa?
Die Mixtape-Arbeiten waren sehr spannend und sehr sehr lustig. Als Gringo und ich uns entschieden haben, gemeinsame Tapes zu machen, war die Sache diejenige, dass ich auf ’nem Haufen Remixes und Mashups saß und er ’nen Haufen an krassen Trettmann Dubs am Start hatte. Wir haben alles in einen Topf geworfen und geschaut, wie wir da ’nen roten Faden reinbekommen. Da wurde dann schnell klar, wo wir Jingles benötigen oder hier und da noch das ein oder andere Exclusive. Gringo ist seines Zeichens Grafiker und Illustrator, so dass er eine recht bildliche Sprache hat. Wenn wir z. B. an einem Übergang gesessen haben, hat er nicht gesagt, „mach‘ da mal ’n Reverse-Reverb“, sondern eher so etwas wie „das müssten wir irgendwie besser verbinden“. Ich hatte quasi freie Hand, was die ganzen Effekte betrifft und meistens hat das, was ich gemacht habe auch seiner Vorstellung entsprochen. Was den Zeitaufwand betrifft, kann ich das nur schwer beziffern. Die Tapes haben auf jeden Fall seeeeeehr viel Zeit in Anspruch genommen.
Du hast ja damals auch den Ronny Trettmann & Shotta Paul Song Hitzefrei gemischt, sowie bisher alles was Miwata rausgebracht hat. Was sagt ein Audioengineer über Miwata?
Ich bin als Engineer mindestens genauso sehr von Miwata begeistert, wie auch als Musikhörer. Er hat ein außerordentlich gutes Timing bei seinen Vocals. Wenn er z. B. Dopplungen aufnimmt, sind diese wahnsinnig tight eingesungen in Relation zu der Leadvocal. Dazu kommt, dass Miwata ein sehr sehr guter Sänger ist. Das bedeutet für mich als Engineer, dass ich vergleichsweise wenig Zeit für Edits benötige und in großen Teilen auch komplett auf Tonhöhenkorrektur verzichten kann. Es gibt Projekte,
da verbringe ich mehr Zeit mit Korrekturen/Editierungen als mit dem eigentlichen Mischen. Bei Miwata ist es genau andersherum. Wenn ich von ihm einen neuen Song bekomme, kann ich direkt mit dem eigentlichen Mischen einsteigen und habe viel mehr Zeit, dass richtige Reverb für seine Vocals zu finden oder mir Gedanken über etwaige Effekte machen, die ich einstreuen kann um Emotionen zu unterstützen.
Viele Engineers lesen die Keys Zeitschrift und stecken ihr ganzes Geld in Software und Plugins. Gehörst Du auch dazu? Bist du auch so ein Nerd?
Haha. Da ich der Generation „Internet“ entspringe, ist das eher mein Medium um mich auf dem Laufenden zu halten. Und ja, ich gebe sau-viel Geld für Software und Plugins aus. Das hat mehrere Gründe. Zum Einen finde ich es sehr wichtig die Sachen zu kaufen, da es mein tägliches Werkzeug ist, dass mir meinen Lebensunterhalt ermöglicht und zum Anderen liebe ich es „In-the-Box“, also komplett in Protools und im Rechner, zu mischen. Das hat häufig zur Folge, dass die Mischungen sehr digital und kalt klingen. Ich hab in meiner Studienzeit an einer großen Neve-Konsole gearbeitet, wodurch ich diesen nur schwer beschreibbaren warmen Vintage Sound sehr zu schätzen gelernt habe. Mittlerweile ist die Software soweit vorangeschritten, dass man eben jenen Sound perfekt simulieren kann. Ich hab glaube ich allein letztes Jahr fast 3.000 Eur für Plugins ausgegeben, die mir eben jenen analogen Sound in die digitale Welt zurückholen. Das ist so meine Philosophie, das beste aus beiden Welten miteinander zu verbinden: ich kann Drums klingen lassen, als wären sie über eine Neve gemischt worden, aber den Vocals eher diesen cleanen SSL sound geben.
Ich liebe auch die Bandmaschinensimulation von SlateDigital. Seitdem ich das Plugin habe, geht kein Dub, keine Produktion mehr raus, ohne das VTM auf dem MasterBus liegt. Es macht aus einem schlechten Mix keinen guten, aber es verleiht der Musik einfach eine sehr spezielle Note, insbesondere im Bassbereich, der ja für Reggaemusik sehr wichtig ist. Und ja, ich glaub schon dass ich ein Nerd bin. Aber heutzutage sind die Nerds die coolen.
Ich habe ein Soundsystem und habe zig Dubplates. Viele davon sind schlecht recorded, oder schlecht eingesungen. Was kannst Du da, im Vergleich zu mir, noch rausholen?
Ja, da sprichst du genau die zwei Probleme an, die bei Dubplates immer wieder auftreten. Teilweise ist es meinerseits mehr Restaurationsarbeit als eigentliches Mischen.
Ich habe die Erfahrung und das Wissen, wie man Vocals vernünftig entrumpelt, so dass man z. B. Nicht mehr hört, dass kein Plopp-Schutz fürs Mic benutzt wurde. Wichtig ist ja auch, gerade bei Foundation Artists, dass die Tonhöhenkorrektur möglichst nicht hörbar ist, da der typische Autotune Sound dort völlig unangebracht wäre. Außerdem habe ich speziell für Dubplates mir letztes Jahr ein Plugin gekauft, dass aus Mono echtes Stereo macht. Das ist für die Fälle gut, wo es die Version nicht zu kaufen oder im Netz gibt und man nur die Monovariante mitgeschickt bekommt. Ich achte auch immer darauf, dass die Dubs mit einem vernünftigen Lautheitspegel rausgeschickt werden, so dass sie während des Jugglings nicht leiser sind als 45s. Laut heißt nicht dass es besser ist, aber das menschliche Gehör ist darauf getrimmt, Sachen die lauter sind, als besser klingend zu empfinden.
Abschließend kann man sagen, dass jedes Dub anders ist und somit auch die Schritte, die nötig sind, ein gutes Endprodukt zu erstellen mit dem die Sounds zufrieden sind. Ich könnte noch ewig aus dem Nähkästchen plaudern, aber ich glaube das würde den Rahmen sprengen. Was ich allerdings vielen Sounds mit auf den Weg geben kann: Lasst euch nicht mit mp3-Files abspeisen! Lasst euch die Splits als 24bit .WAV file schicken.
Zu guter letzt noch zu Deiner Radioshow: was, wann, wie, wo?
Meine Radioshow heißt „iSWAGGA“ und läuft jeden Montag Abend von 20 Uhr bis ca 22 Uhr auf Raggakings.net. Anschließend ist die Show dann im Podcast-Format auf raggakings.net und auf itunes verfügbar (nach „djsensay“ suchen). Zu hören sind die neuesten Releases aus Jamaica und die aktuellen Reggae & Dancehall-Hits. An dieser Stelle BIG UP an die vielen Produzenten und Labels, die mir Ihre Produktionen zur Verfügung stellen und auch an Johnny Wonder. Ich finde es sehr wichtig, dass man als Radio-DJ immer am Zahn der Zeit ist und manchmal auch etwas voraus um Sachen exklusiv zu spielen.
Als MP3s aufkamen, haben es viele als Freifahrtschein genutzt, Musik für umme aus dem Netz zu laden. Mittlerweile entsteht wieder ein Bewusstsein dafür, dass es richtig und wichtig ist Musik zu kaufen. Meine Show soll als Plattform dafür dienen, den Reggae & Dancehall-Liebhabern hochaktuelle Produktionen vorzustellen. Im Besten Fall gefällt Ihnen die Musik und sie kaufen sie auf Amazon, Itunes und Co. An dieser Stelle auch BIG UP an die Reggae Charts Germany. Ich find’s großartig, dass ihr immer Amazon-Links beifügt!!!!
Was möchtest Du mit Deiner Musik erreichen?
Mir ist es sehr wichtig,meinen Kunden ein Produkt abzugeben, hinter dem sie voll und ganz stehen. Für mich geht es darum, dass sowohl Sounds als auch Artists sich wohlfühlen müssen mit dem Klang ihrer Songs während ihrer Liveshows. Und natürlich auf technischer Seite eine Verlässlichkeit darauf, dass die Dubs/Tunes auf möglichst allen Anlagen gut klingen.
Produzierst du auch selber?
Eigene Produktionen stehen bisher nicht an und sind auch nicht in Planung. Aber man soll ja niemals nie sagen. Durch meinen Job als Mixer lerne ich sehr viel über Arrangements, jedoch ist Produktion nochmal ein Handwerk für sich. Für das Jahresende ist ein Studioausbau geplant, so dass momentan meine gesamte Energie in die Planung und Konzeption dessen fließt.
Was kann man bei einer Live-Show von DJ Sensay erwarten?
Meine Liveshows sind immer sehr spontan. Ich spiele gerne mal ´ne Reggae-Selection in der Primetime aber wenn sich herausstellt, dass das Publikum ein reines Bashment-Set möchte, richte ich mich darauf ein. Schon allein aus der Tatsache heraus, dass ich DJ/MC/Operator in einer Person bin, ist eine gewisse Grundspontaneität nötig. Mal moderiere ich auf deutsch, mal auf englisch, mal mixe ich 10 Minuten einfach nur Songs und mal spie’l ich ’n Tune, unterbreche mit einer Speech und dann gibt’s den nächsten Song. Das unterscheidet sich von Moment zu Moment bei mir und ist auch immer ein bisschen davon abhängig, was für einen Vibe die Massive gerade hat.
Das ist ja das schöne an Musik, dass es keine Regeln gibt. Das bedeutet auch Dancehall für mich, einfach Spaß daran zu haben, was man gerade tut. Auch wenn der „Selectoren-Knigge“ sagt, dass man Songs nur einmal am Abend spielen soll, gibt es manche Parties wo ich einen Tune auch gerne mal 2-3 x über den Abend verteilt spiele und jedes Mal auf andere Weise anmoderiere. Das einzige, was an so gut wie jeder Show von mir gleich ist, ist die Aktualität der Songs. Da lege ich persönlich sehr viel Wert drauf, dass die Selection die aktuellen Reggae-Dancehall-Hits enthält und auch die Songs, die noch zum Hit werden. Ich finde es immer spannend, wenn man kurz vor der Show noch per Mail ’nen neuen Tune oder Riddim bekommt, den noch niemand kennt.
Warum bist du nicht mehr bei den ZBZ bzw was ist passiert?
Das Projekt Zeitgeist Blingerz war von Anfang als loses Zusammenspiel zwischen Gringo und mir gedacht. Als ich mit der Uni fertig geworden bin und mich entschieden habe als Freelancer tätig zu werden, hat sich mein Zeitgefüge stark verändert. Ich hatte ja schon eingangs erwähnt, dass die Mixtapes, die ja Grundlage unserer gemeinsamen Arbeit waren, wahnsinnig viel Zeit in Anspruch genommen haben.
Mittlerweile fließt meine ganze Zeit in meine Arbeit und es wurde deshalb immer schwieriger gemeinsame Zeit z. B. für Remixes zu finden. Deshalb habe ich mich dafür entschieden, aus dem Projekt auszusteigen. Einerseits um mich voll und ganz auf meine Selbständigkeit und allem was dazu gehört zu konzentrieren und andererseits natürlich auch um Gringo nicht im Wege zu stehen damit, dass sich meine Prioritäten geändert haben.